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Im Sahel herrscht die Angst vor einem endlosen Krieg

 

Sie schlagen jeden Tag oder fast jeden Tag zu. Sie müssen nicht einmal mehr ihre Handlungen beanspruchen: Jeder weiß sofort, dass sich hinter den Gesichtern der Jugendlichen, die kommen, um zu sterben, die Figuren des Dschihadismus im F Angst vor dem Krieg 2Sahel verbergen. Der Einsatz von 11.000 Soldaten der Friedenstruppen in Mali, gezielte Eliminierungen unter der Führung der französischen Armee, gemeinsame Operationen mit dem Militär in der Region haben nichts bewirkt. In Mali, Burkina Faso und im ganzen Sahel sind die bewaffneten islamistischen Gruppen eine ständige Bedrohung.

Am Sonntag, dem 13. August, wurden 18 Gäste und Angestellte eines Cafés im Zentrum von Ouagadougou Opfer eines Duos von Mördern. Am folgenden Tag forderten in Mali zwei Angriffe auf die Mission der Vereinten Nationen (Minusma), der eine in Douentza im Zentrum und der andere in Timbuktu im Nordwesten, neun weitere Opfer, darunter einen Blauhelm.

Vor ein paar Monaten ging man in Paris noch davon aus, dass die Dschihadisten-Gefahr im Sahel dank der Aktion der Soldaten der Operation Barkhane eingedämmt und die Bedrohung der Stabilität der Staaten durch salafistische Kämpfer weg wäre. Diese Hoffnung hat sich inzwischen zerschlagen.

Mehr als vier Jahre nach Beginn der französischen Militärintervention in Mali, die mittlerweile auf die gesamte Region ausgeweitet wurde, ist es klar, dass dieses Land immer noch nicht befriedet ist. Der Staat kämpft, um in den nördlichen Tuareg-Rebellen-Hochburgen wieder Fuß zu fassen. Dort, wo sich die politisch-militärischen Gruppen, die eigentlich in gemeinschaftlicher Zielsetzung handeln sollten, zum großen Vergnügen der Dschihadisten argwöhnisch beobachten. Die Dschihadisten haben wieder an Einfluss gewonnen und ihr Aktionsfeld auf die Mitte des Landes ausgeweitet. Dort haben die Sympathisanten von Amadou Koufa, einem Anhänger von Iyad Ag-Ghali und Führungsfigur der bewaffneten Islamisten in Mali seit 2015, ihren Guerillakampf verstärkt.

Die Verlegenheit von Paris

Mali ist immer noch nicht mit sich selbst im Frieden, es ist vielmehr auch eine Bedrohung für die Länder um es herum geworden. Ob sie von Al-Qaida oder vom islamischen Staat beansprucht wurden, der erste Angriff in der Hauptstadt Burkina Faso, der in Grand Bassam in der Elfenbeinküste oder die Angriffe im westlichen Niger wurden alle auf dem benachbarten malischen Territorium vorbereitet. Und wenn eine neue islamistische Gruppe in der Region erscheint, wie z.B. in Burkina Faso, hat sie zwangsläufig Verbindungen nach Mali.F Angst vor dem Krieg 1

In diesem Zusammenhang droht sich die Operation „Barkhane“ festzufahren. Aber was tun? Paris, das seine Truppen auf die Gefahr hin, seine Verbündeten mitten in der Schlacht zu verlassen und dann die triumphierende Kommuniqués der Dschihadisten sehen zu müssen, nicht zurückziehen kann, hat sich zum Hauptförderer der Streitkraft des G5-Sahel gemacht, die 5.000 Soldaten aus den Sahel-G5-Ländern (Burkina Faso, Mali, Mauretanien, Niger und Tschad) zusammen bringen und zur Verfügung stellen müssen.

Die Führer der betroffenen Länder sind sich einig, dass es einen dringenden Bedarf für eine stärkere Beteiligung gibt, und verlangen dafür mehr Unterstützung. Manche befürchten nun, dass sich die französischen Armee dadurch abkoppeln könnte. Emmanuel Macron wollte sie in diesem Punkt beruhigen. Aber die militärische Antwort hat sich bislang als sehr unzureichend erwiesen; so kann man keine Gruppen besiegen, die ihre Kämpfer dank der ökonomischen oder gemeinschaftlichen Frustrationen, auf die keine Lösung gefunden werden, rekrutieren. Und deshalb befürchteten alle einen endlosen Krieg im Sand des Sahel.

Welches sind die bedeutendsten bewaffneten Gruppen in der Sahelzone?

Innerhalb eines Bandes, das von der südlichen Sahara über Mauretanien bis zum Zentrum des Sudan reicht, ist die Sahelzone von verschiedenen bewaffneten Gruppierungen bedroht. Seit Anfang des Jahrhunderts treten am stärksten die islamistischen Gruppen in Erscheinung, deren Zahl ständig zunimmt. Sie unterteilen sich in zwei Gruppen, die eine mit Anlehnung an den IS, die andere, die zu Al-Qaida gehört. 

Der IS ist in der Region durch die Organisation „Islamischer Staat in der Großen Sahara“ vertreten und operiert im Niger, in Mali und in Burkina Faso. Unterstützt wird die Bewegung auch durch Boko Haram, eine Organisation aus Nigeria, deren Aktionsfeld sich aber auch bis in den Südosten von Niger, bis nach Kamerun und die Region um den Tschadsee erstreckt. Um diese Allianz offiziell zu machen, hat Boko Haram seinen Namen geändert und präsentiert sich nunmehr als Daech (IS) in Westafrika.

Al-Qaida ist in der Region durch den lokalen Zweig Al-Qaida im islamischen Magreb (AQMI) vertreten. Im März 2017 bildete einer ihrer Ableger – das „Emirat der Sahara“ – eine Allianz mit zwei anderen lokalen Djihad-Gruppierungen: mit der Gruppe Ansar-Dine von Iyad Ag-Ghali und der algerischen Gruppe Al-Mourabitoune.

Welche Mittel stehen für ihre Bekämpfung zur Verfügung?

F Angst vor dem Krieg 3Die internationale Gemeinschaft hat mehrere Initiativen ins Leben gerufen, um die Region zu stabilisieren. Es gibt im Wesentlichen zwei Missionen, die in der Sahelzone tätig sind: die UNO-Mission Minusma und die Mission der Europäischen Union auf der einen Seite, die hauptsächlich der Ausbildung der Mali-Streitkräfte dienen, und andererseits die französische 4000 Mann starke Operation Barkhane. Ferner ist eine regionale Initiative zustande gekommen in Form einer G5 Sahel-Organisation mit der Beteiligung von Mauritanien, Tschad, Mali, Niger und Burkina Faso.

Im Juni 2017 entstand mit der Unterstützung der UNO eine Streitmacht der G5 mit 5000 Kämpfern.

Was behindert auch heute noch die Stabilisierung der Region?

Die Haupthindernisse für eine Stabilisierung der Region sind die Vielschichtigkeit des Konflikts, die Durchlässigkeit der Grenzen und die Ansteckungsgefahr von Land zu Land. Hinzu kommt, dass die verschiedenen bewaffneten Gruppen in der Sahelzone in einem unüberschaubaren Umfeld operieren, das eine Vermehrung der Bewegungen begünstigt. Die Vielzahl der verschiedenen Faktoren macht es schier unmöglich, die Konflikte in dieser Region geographisch zuzuordnen, was auf lange Sicht eine dauerhafte Lösung erschwert.

Dieser Atikel ist aus einem Artikel in Le Monde vom 17.08.17 und einem Artikel von Mohamad D. Diawara in Netafrique vom 23.08.17 entstanden.

 Übersetzung: Inge Franck und Christoph Straub