Fast die Hälfte des weltweiten Terrorismus findet in der Sahelzone statt

Sahara-Afrika hat den Nahen Osten als Epizentrum des weltweiten Terrors abgelöst

Laut der jüngsten Ausgabe des Global Terrorism Index (GTI) ist die Sahelzone in Subsahara-Afrika heute das Epizentrum des weltweiten Terrorismus und macht fast die Hälfte (43%) der weltweiten Todesopfer aus. Während der Anteil der Sahelzone an der Gesamtzahl der Todes-opfer im Jahr 2007 noch bei 1% lag, ist er in den letzten 16 Jahren um mehr als 2000% gestiegen. In diesem Jahr sind in der Sahelzone mehr terroristische Todesopfer zu beklagen als in Südasien und dem Nahen Osten und Nordafrika (MENA) zusammen, wobei die letztgenannte Region in diesem Jahr einen Rückgang von 32%zu verzeichnen hat – der niedrigste Wert seit 2013.

Die Sahelzone hat den Nahen Osten und den Magreb als wichtigstes Terrorgebiet der Welt abgelöst.

Der vom Institute for Economics and Peace erstellte Bericht stützt sich auf Daten aus Quellen wie TerrorismTracker, um Trends in Bezug auf terroristische Aktivitäten in der ganzen Welt zu untersuchen. Die Zahl der durch Terroranschläge verursachten Todesopfer ist im vergangenen Jahr weltweit um 9% gesunken und liegt nun 38% unter dem Höchststand von 2015, mit einer Gesamtzahl von 6.701 im Jahr 2022. Die Zahl der Anschläge ging weltweit um 28% auf 3.955 zurück, und 121 von 163 untersuchten Ländern – also etwa drei Viertel – verzeichneten keine Todesopfer durch Terrorismus. Dies ist die höchste Anzahl von Ländern ohne Todesopfer seit 2007.

Die Sahelzone gilt seit einigen Jahren als neuer Schauplatz für dschiha- distische Operationen. Seit 2021 hat es in der Region sechs Putsch­versuche gegeben, von denen vier erfolgreich waren. Diese politische Instabilität sowie die Korrelation zwischen der nationalen Verwick­lung in einen Krieg und der Schwere der Anschläge (siebenmal tödlicher als in friedlichen Ländern) erklären zum Teil diese Zahlen, während sich die meisten Aktivitäten auf die Grenzgebiete konzentrieren, wo die Regierung weniger Einfluss hat. Alle zehn Länder, die im vergangenen Jahr am stärksten vom Terrorismus betroffen waren, waren auch in bewaffnete Konflikte verwickelt, und 98% aller Todesopfer kamen in Kriegsgebieten ums Leben. Vier dieser zehn Länder liegen in der Sahelzone, und die Region ist zu einem Schauplatz für Stellvertreterkonflikte zwischen Russland und dem Westen geworden.

Die Zahl der terroristischen Anschläge im Westen ist rückläufig, doch die Zahl der Todesopfer ist nach einem Rückgang in den letzten Jahren wieder gestiegen. Im vergangenen Jahr wurden im Westen nur 40 Anschläge verzeichnet, doch die Zahl der Todesopfer dieser Anschläge hat sich fast verdoppelt, von neun auf 19, von denen 11 in den Vereinigten Staaten getötet wurden.

Obwohl die Sahelzone eine Brutstätte dschihadistischer Gewalt ist und trotz des anhaltenden Einflusses des Islamischen Staates, zeigt der jüngste GTI, dass der explizit religiös motivierte Terrorismus seit 2016 um 95% zurückgegangen ist. In Europa gab es im vergangenen Jahr nur zwei Anschläge, die von islamistischen Extremisten verübt wurden. Das Vereinigte Königreich verzeichnete vier Vorfälle, die in die Kategorie der Terroranschläge fielen und keine Todesopfer forderten – das erste Mal seit 2014.

Die GTI führt den Abstieg der Sahelzone in die Gewalt auf eine Reihe von Faktoren zu-rück, darunter „schwache Regierungs-führung, ethnische Polarisierung […] das Wachstum der trans-nationalen Ideologie des Salafismus, politische Instabilität […] und geopolitischer Wettbewerb“. Der Abzug der französischen Trup­pen aus Mali Ende 2022 nach einer achtjährigen Antiterror-kampagne, der Operation Barkhane, hat zu ei­nem Anstieg der Gewalt gegen die malische Zivilbevölkerung geführt. 73 % der terroristischen Todesfälle in der Sahelzone fanden im ver­gangenen Jahr in Burkina Faso und Mali statt.

Kob Lownie in UnHerd vom 17. März 23 

Übersetzung: Christoph Straub