Das Ende einer langen Partnerschaft – bedauerlich, aber unvermeidlich

Besuch in einem Hof 2008

Der Freundschaftsverein Wadern – Toma hat sich mehr als 30 Jahre nach seinen Anfängen 2022 aufgelöst

Bereits der Start der Partnerschaft aus privaten freundschaftlichen Beziehungen heraus war ein mutiges Unterfangen in einer dörflich geprägten Landgemeinde am Rande des Hochwaldes im nördlichen Saarland. Die aufmerksam verfolgte Gründung einer seltenen Nord-Süd-Partnerschaft mündete mit einigen Mühen zwar in eine offizielle Städtepartnerschaft, stand aber immer hinter den anderen (europäischen) Partnerschaften zurück.

Der Rückhalt durch den ersten Bürgermeister war lobenswert. Er nahm regelmäßig an den Vorstandssitzungen teil und begleitete die offizielle Städtepartnerschaft aktiv. Seine beiden Nachfolger zeigten sich interessiert, ohne Impulse zu setzen. 

Anfänglich konnten durch drei Besuche in Toma sowie zwei offizielle und mehrere private Gegenbesuche viel Aufmerksamkeit und auch etliche Aktive gewonnen werden. Nach der letzten Reise nach Burkina im Jahr 2009 und vielen ermutigenden Kontakten gerieten Kommunikation und Engagement zunehmend ins Stocken und versandeten fast unmerklich.

So zeichnete sich das Ende unserer Partnerschaft intern bereits seit Jahren ab. Bei den wenigen verbliebenen Aktiven gingen allmählich Energie und Zuversicht verloren, eine Wende herbeizuführen. Die tieferen Ursachen sind vielschichtig. Ich glaube, einige zu kennen.

Zwei Deutschlehrer in Toma

In Toma war der rührige langjährige Vorsitzende bald durch die Doppelbelastung als geschäftsführender Bürgermeister, dann durch seine Erkrankung immer weniger Bindeglied zwischen den Städten. Nach seinem Tod wurde die Kommunikation zusehends mühsamer. Auch der aktuelle Bürgermeister hat seinen Lebensmittelpunkt in der Hauptstadt und zeigte von Anfang an wenig Interesse an einer Kontaktpflege mit unserem kleinen Verein.

Nach 2009 gab es keinen persönlichen Austausch mehr, dabei hatte die Erfahrung gelehrt, dass diejenigen, die Land und Leute und damit die fremdartigen Lebensverhältnisse am Rand der Sahelzone kennengelernt haben, die stärksten Motivationen und Bindungen zum Verein und seinen Aktionen hatten und haben. Aber wegen des Ungleichgewichtes zwischen Reisekosten und finanziellem Engagement vor Ort standen solche Fahrten bald nicht mehr zur Debatte. Andererseits wären sicher Besuche von Lehrern, Schülern und Aktiven aus Toma Motivationshilfe für beide Seiten gewesen.

Für einen kleinen Verein haben wir viele einzelne Projekte angestoßen, die meisten sind aber nach anfänglicher Euphorie gescheitert: die Nutzung von Solarkochern, eine Getreidebank, eine Karitépresse zur Herstellung von Seife und Creme. Immer wieder haben wir im Vorstand darüber diskutiert, wie sich unsere bescheidenen Investitionen allein durch die Menschen vor Ort dauerhaft verselbständigen können. Enttäuscht mussten wir feststellen, dass unsere eigenen personellen Kapazitäten nicht ausreichen, die notwendige Hilfestellung zu geben, letztlich zu wenig Kontrolle möglich ist. Wir wollten uns nicht vorschnell einer größeren Hilfsorganisation anschließen, um unseren eigentlichen Vereinszweck nicht zu beerdigen.

Kinder auf dem Markt von Toma

Einzig die Unterstützung von bedürftigen Kindern auf weiterführenden Schulen gelang über viele Jahre. Allerdings demoralisierte hierbei das Erliegen der Schulpartnerschaft zwischen dem Gymnasien in Wadern und einem Lycée in Toma zusätzlich.

Die Unterstützung durch Menschen unserer Kleinstadt war erfreulich und beachtlich. In den ersten beiden Jahrzehnten war es nicht schwer, Helfer für konkrete Aktionen – vor allem für einen jährlichen Kuchenverkauf  –  zu gewinnen. Aber diese Bereitschaft hat seit einigen Jahren deutlich nachgelassen, sodass wir die Aktion nur noch mit Hilfe eines anderen Vereins stemmen konnten. Zu viele der Mitarbeiter aus der Anfangszeit sind inzwischen abgesprungen, jüngere Menschen sind keine nachgekommen. Das Potential an Menschen, für die Entwicklungszusammenarbeit ein wichtiges Thema ist, fehlt dauerhaft in unserer dünn besiedelten Gegend. Andererseits engagieren sich seit 2015 ununterbrochen zahlreiche  Männer und Frauen in der Flüchtlingshilfe. 

Wir wollen nicht verschweigen, dass mehr Einsatz von Seiten des Vorstandes den Abschwung noch hinausgeschoben hätte. Über all die 25 Jahre lagen Verantwortung, Kontaktpflege und Organisation fast ausschließlich beim 1. Vorsitzenden. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die sich verschlechternden Rahmenbedingungen auch sein Engagement beeinträchtigen mussten.

Auf dem Schulhof des LPN Toma

An den persönlichen Kontakten zu den Menschen vor Ort hängt vieles, wenn nicht alles. Sie waren ein Hilfsmotor in beiden Partnerschaftsvereinen. Als sie zunehmend entfielen, konnten sie durch Briefe, Mails und telefonische Gespräche nicht annähernd ersetzt werden. Sie vermochten der Beziehung kein Leben einzuhauchen. 

Unser Rückzug geschieht in einer Zeit, in der auch andere (gemeinnützige) Vereine Abstriche machen oder um ihr Fortbestehen kämpfen müssen. Angesichts anderer medial präsenterer Brennpunkte (Fluchtbewegungen, Klimakrise, Kriege …) erlahmte das Interesse für unser „Nischenthema“. Da bedrückt uns umso schwerer, weil auch in unserer Partnerstadt die allgemeine Lage eher bedrückender wird. Deshalb halten wir das weitere Engagement für dieses benachteiligte Land für zwingend geboten. Wir hoffen, dass es in anderen Gemeinden und Städten unvermindert andauert und weiterhin mit vielen kleinen Schritte Hoffnung und Zuversicht verbreitet wird. 

Albert Räsch, 2. Vorsitzender, im November 2023

Fotos: Mathias Wolbers